Auf den ersten Blick fällt nur das Tor auf, die massiven Stahlstreben sind herausgebrochen.
Drinn ist es dunkel, Licht fällt nur durch die wenigen Fenster sowie durch das von Granatensplittern durchlöcherte Blechdach. Sieht aus wie ein Sternenhimmel. Die Wände gepflastert mit Einschusslöchern, von der Jesusstatue an der Wand fehlen ein paar Stücke. In der Mitte steht der Altar, bedeckt mit einem blutgedränkten Leintuch, es wurde seither nicht mehr berührt. Auf dem Altat liegt ein kleines Kreuz, es ist eine Gabe von Papst Johannes Paul. Als Entschuldigung? Vom Rest der Welt, der zugeschaut hat, erst nichts gemacht hat und irgendwann nichts mehr machen konnte?
10.000 Tutsi hatten sich in die Kirche geflüchtet, die ich auf vielleicht 400m² schätze. Macht 25 Leute pro m² - gepfercht und gestapelt. Hinter der Kirche noch viel mehr.
So harren sie aus, für eine Woche. Bis das Tor aufgebrochen wird, Granaten in den Raum fliegen und das Feuer eröffnet wird. Ermordet werden alle, keiner entkommt. Diejenigen die die Granaten und Schüsse unter den Menschenmassen überleben werden einzeln getötet, meist mit Macheten. Heute steht der Sarg einer Frau inmitten der Kirche. Ihr wurde ein Stock von der Vagina bis zum Kopf gestoßen.
Hinter der Kirche sind nun die Opfer begraben. Wobei begraben falsch ist. Es wurden Katakomben gebaut, in denen die Überreste aufbewahrt und zur Schau gestellt sind. 40.000 blanke Schädel die einen aus leeren Augenhälften anstarren und ein großer Haufen Knochen.
Am Ausgang verweist ein Schild darauf, dass die Gräber vom Rotary Club gesponsert wurden. Außerdem steht da noch "Never Again". Das wurde auch schon nach dem Holocaust versprochen...
Die Führung war nicht ganz komplett. Danach treffe ich Charles, der mir seine Geschichte erzählt. Er war einer von 28 Überlebenden. Er hat sich, 7 Jahre als damals, mit Leichen bedecken können und die Speere, mit denen die Menschenberge durchstoßen wurden, haben glücklicherweise nur seine Wade getroffen. Jedoch musste er mit ansehen wie seine hochschwangere Mutter mitsamt Baby sowie sein Vater mit Messern umgebracht werden. Sein jüngerer Bruder und er verharren 4 Tage inmitten der Leichen bevor sie in den Busch flüchten. Sie leben 3 Wochen in einem Erdloch, bedeckt mit Ästen, aus Angst entdeckt zu werden. Danach flüchten sie weiter aufs Land, erst nach 2 Jahren kommen sie zurück. Ermordet wurden neben Vater und Mutter auch 9 ihrer 10 Geschwister.
Charles meint er versucht nicht so oft dran zu denken aus Angst verrückt zu werden. Ich weiss nicht so recht was ich erwidern soll. Aber er ist nett, erzählt mir von seinem Studium das er jetzt macht und dass er gern Basketball spielt. Es fällt mir schwer von solch bedrückendem Thema auf Smalltalk umzusteigen, dabei hab ich alles nur erzählt bekommen. Wie muss das sein wenn man es erlebt hat?
Und das hat hier jeder einzelne den ich bisher getroffen habe. Der Verlust aller Familienmitglieder oder die alleinige Flucht in den Kongo - jeder hat eine solche Geschichte zu erzählen.
1 Kommentar:
Hey Bruderherz, hast was von dem Erdbeben mitbekommen?! Liebe Grüßlis aus der Heimat
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